Warum ich alles dafür tue, Kritik wieder hoffähig zu machen und den Dialog mit Andersdenkenden zu verteidigen.
Wir leben in widersprüchlichen Zeiten. Da ist zum einen der Lockdown, der uns zum Stillstand zwingt. Da ist zum anderen die Informationsflut, die uns das Gefühl gibt, Einzelnes gar nicht mehr richtig fassen zu können. Der Strom der Informationen rast an uns vorbei – und doch ist er einseitig, fast nur auf Corona und Impfung bezogen und so monoton – und doch ist er widersprüchlich, weil der öffentliche Widerspruch fast gänzlich fehlt.
In meinem wissenschaftlichen wie erst recht unternehmerischen Leben habe ich die Kraft der Kritik kennen- und lieben gelernt: Sich selbst und das Geschaffene immer der Kritik anderer auszusetzen und vor allem immer kritikfähiger zu werden, um immer besser zu werden. Früh erkannte ich nämlich, dass es für ein Unternehmen lebensnotwendig ist, mit der Zeit zu gehen und dabei am besten immer ganz vorne dabei zu sein. Die Kunden sind unerbitterlich, sie wählen das, was ihnen am besten gefällt, und das kann sich schnell ändern. Also habe ich die Erkundung des Marktes, die Erfahrung des Besten auf dem Markt in den Mittelpunkt meiner Tätigkeit gestellt – um nicht unterzugehen. Die meisten von uns kennen noch das Schicksal von Nokia oder Agfa oder Kodak. In den von mir zu verantwortenden Branchen waren es zum Beispiel die Rotlicht – Anlagen in den Schwimmbädern und der Solarienmarkt (und noch einige andere Branchen), die aus verschiedenen Gründen nach einer Hochphase untergingen.
Um zu den Besten zu gehören, muss man wissen, was das Beste ist und bereit sein, sich selbst und sein Unternehmen der ständigen Kritik auszusetzen, um sich so ständig zu verbessern. Der Dialog mit den Kundinnen und Kunden ist dafür grundlegend. All diese Mechanismen hat die heutige Politik über Bord geworfen. Sie hat Mechanismen geschaffen, die sie vor Kritik schützen und sich eine Festung der Macht errichtet. Dies ist sehr gefährlich für unsere Demokratie, aber auch für unser Land. Deshalb tue ich alles dafür, Kritik wieder hoffähig zu machen und den Dialog mit Andersdenkenden zu verteidigen.
Niemand darf aus unserem Gemeinwesen ausgeschlossen werden. Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeutete in den archaischen Gesellschaften, aber auch noch im Mittelalter in der Regel den Tod. Die Erfahrung, das Wissen der Gefahr von Ausschluss ist immer noch in uns allen gespeichert. Wir sollten den Trend in diese Richtung schnellstens umkehren – und das bedeutet Dialog, die anderen mit ihren unterschiedlichen Meinungen verstehen wollen, ihnen zuzuhören und sich mit ihnen aktiv auseinanderzusetzen. Davon lebt die Gemeinschaft. Dies beziehe ich auf unser persönliches Umfeld wie auch auf unser gesellschaftliches Zusammenleben und auf unsere internationale Politik.
Toleranz und besser noch Akzeptanz der/des anderen ist von uns gefordert, sofern diese nicht gegen geltende Gesetze verstoßen. Grundlage dafür ist ein eigenes Selbstbewusstsein und das Mitgefühl. Mitgefühl auch gegenüber Andersdenkenden! Darüber gilt es nachzudenken, es zu üben und zu praktizieren. Es fällt uns nicht in den Schoß. Ich denke, dass es für umfassendes Mitgefühl nötig ist, sich von bestehenden Rollenbildern zu trennen – wenigstens im Moment des Mitgefühls. Dann bin ich nicht mehr Tochter oder Politikerin oder Mitarbeiter oder König, sondern einfach nur noch Mensch.
„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – diese Botschaft von Jesus ist heute noch so revolutionär wie damals, trennte sie doch den Menschen von all seinen Herrschafts- und Rollenpositionen und machte ihn zu einem Gleichen unter Gleichen. Niemand kann dich glücklich machen, wenn du nicht selbst mit dir glücklich bist. Und dies ist auch die Grundlage wahren Mitgefühls, weil es dir dann an nichts fehlt. Kürzlich berichtete mir jemand von den beängstigenden Erinnerungen, die immer wieder auftauchen und neue Angst erzeugen. Sich von ihnen zu lösen, ist schwer – und auch hier wird es wohl vor allem das Mitgefühl sein, welches dies ermöglicht.
In den letzten Wochen machte sich bei mir das Gefühl, gefangen zu sein, breit. Ich fühle mich auch jetzt noch wie in einem großen Käfig und ohne Flügel. Manchmal bringt das dann den Corona – Blues, eine Art von Depression oder Traurigkeit. Sie verfliegt aber wieder, wenn ich Menschen treffe oder auch nur ein paar Telefonate führe. Ein Freund von mir berichtete, dass er täglich zwei Bekannte anruft, immer wieder andere, und dass sie sich freuen, mal wieder von ihm zu hören. Früher hätte er dazu keine Zeit gehabt, und er genießt es jetzt richtig.
„Alle fünf Hotels und drei Thermen geschlossen“, sage ich, wenn man mich fragt, wie es mir geht. „Nur das Klinikzentrum Bad Sulza ist in Betrieb“. Dann kann sich jede/r selbst vorstellen, wie das so ist. Und jeder Monat Schließung bringt ein wenig mehr Lähmung. Doch da ist auch Schönes. Das Wetter. Der Vollmond. Das Lächeln von Mitbürgerinnenn und Mitbürgern, ihre Freundlichkeit. Ich weiß es jetzt noch viel mehr zu schätzen.
Heute möchte ich Euch auf ein Interview aufmerksam machen, das ich zum Thema Lidice führte. Es kam bei salve.tv im Regionalprogramm und Ihr könnt es unter nachfolgendem Link abrufen:
Die Bildhauerin Marie Uchytilová war von dem tragischen Verbrechen in Lidice sehr betroffen. 1969 entschied sie, eine Bronzestatue der Lidicer Kinder zu gestalten, die als Denkmal aller Kinderopfer von Kriegen verstanden werden soll. In zwei Jahrzehnten wurde von ihr dieses Kunstwerk geschaffen.
Ich möchte Euch alles Gute für den Monat März wünschen. Fühlt Euch von mir umarmt.
Eure Marion