Der Stammtisch der Freien Wähler Weimarer Land e.V. stellte im Bad Sulzaer Ortsteil Sonnendorf konkrete Ziele für das künftige Wirken im Landkreis vor.
1.02.2023: Die Freien Wähler im Weimarer Land haben das Wahljahr 2024 schon fest im Blick. „Wir müssen uns jetzt formieren und organisieren und den Menschen unsere Ziele erklären“, sagte Falk Zipfel, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag Apolda, am Abend des 31. Januar 2023 auf einem Stammtisch im Bad Sulzaer Ortsteil Sonnendorf. Die Veranstaltungsreihe des Vereins Freie Wähler Weimarer Land hat sich nach Stationen in Kranichfeld, Bad Sulza, Berlstedt und Apolda im vorigen Jahr inzwischen in der Region etabliert und soll den Erfahrungs- und Meinungsaustausch der Vereinsmitglieder, darunter Kreistagsabgeordnete der Freien Wähler, mit Stadt- und Gemeinderäten sowie interessierten Bürgern vor Ort fördern. Der gutbesuchte Stammtisch in Bad Sulza bildete den Auftakt für das Jahr 2023.
Die Sanierung aller Schulen in Kreisträgerschaft, die Reduzierung der Kreisumlage, die Effizienz der Entsorgungsstrukturen und die Sicherung des öffentlichen Personennahverkehrs durch Wirtschaftlichkeitskontrolle erklärten die Freien Wähler dabei als wichtigste Vorhaben. Diese werden in einem druckfrischen Flyer erläutert, den die Vereinsvorsitzende Marion Schneider zum Stammtisch vorstellte. Sie sagte: „Uns geht es darum, unnötige Kosten einzusparen und Missstände zu beseitigen. Wir möchten darüber informieren, wofür die Freien Wähler stehen und ins Gespräch kommen. Die Sorgen und Probleme vor Ort stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit.“
In den Schulen des Landkreises besteht laut Falk Zipfel ein erheblicher Instandhaltungs-, Modernisierungs- und Investitionsbedarf. Eine Übersicht über die zukünftigen Schülerzahlen sowie eine konkrete Aufstellung des baulichen Zustandes der Schulen und den jeweils notwendigen Investitionen sei dringend erforderlich. Die sich daraus ergebenden Bedarfe müssten priorisiert und dann die notwendigen Mittel unter Einwerbung von Fördermitteln im Kreishaushalt bereitgestellt und die Defizite abgearbeitet werden. „Es gilt, den Schulnetzplan zu überarbeiten und die Kapazitäten der Kreisverwaltung darauf zu konzentrieren.“
Sorgen bereitet den Freien Wählern auch die Kreisumlage, die von den Gemeinden für übergeordnete gemeinsame Aufgaben an den Landkreis gezahlt wird. Diese Umlage laste nach Ansicht vieler Stammtischteilnehmer inzwischen für jede Gemeinde im Landkreis schwer, weil dadurch der eigene Handlungsspielraum für die kommunale Selbstbestimmung stark eingeschränkt werde. Man habe den Eindruck gewonnen, dass der Bedarf im Landkreis immer weiter steige, weil die Gemeinden sich nicht gegen die Umlage wehren und so die Mehrkosten einfach verantwortungslos weitergereicht werden könnten, lautete der allgemeine Tenor. „Was hierbei jedoch vergessen wird: Zuerst muss der Landkreis vom Land Thüringen ausreichend und angemessen mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden“, stellte Falk Zipfel klar. Nur für den ungedeckten Rest komme die Kreisumlage überhaupt in Frage.
Aber habe sich in den letzten Jahren der Landkreis gegenüber dem Freistaat überhaupt für eine bessere Ausstattung stark gemacht? Es werde zwar bei einzelnen Themen laut nach Verbesserung der Finanzen gerufen, aber ein Konzept, das auf einer Überprüfung der einzelnen Aufgaben, der Projekte, der Mitarbeiter- und Organisationsstruktur basieren müsste, fehle gänzlich. „Für uns steht diesbezüglich fest, dass der Kreistag seine Kontrollfunktion nicht ausreichend ausgeübt hat“, merkte Zipfel an, „denn eine Vielzahl der Kreistagsmitglieder ist auch als Bürgermeister oder Stadt- und Gemeinderäte unterwegs. Diese werden regelmäßig zur Kreisumlage von der Kreisverwaltung angehört. Aber was geschieht mit den Antworten und Einwendungen? Wann hat der Kreistag jemals die Auswertung der Umfrage und Beteiligung der Kommunen eingefordert und welche Schlüsse wurden aus den Zuarbeiten gezogen?“
Bei der Abfallentsorgung kritisieren die Freien Wähler die parallelen Strukturen zur Abfallentsorgung. „Wir verfügen mit der Entsorgungsgesellschaft Landkreis Weimar mbH und den Kreiswerken über zwei Betriebe und müssen damit auch die Kosten für zwei Geschäftsführer, doppelte Mitarbeiterschaften und zwei Standorte tragen. Wir fragen uns: Warum braucht es zwei Gesellschaften, um eine Aufgabe zu lösen?“, gab Kreistagsmitglied Volker Schädel aus Bad Berka zu bedenken.
Für Kreistagsmitglied Jens Enderlein, der auch als Bürgermeister von Ettersburg fungiert, zählt ein funktionierender öffentlicher Personennahverkehr zu den wichtigsten Aufgaben der Daseinsvorsorge. Aber gerade dieser werde im Landkreis stiefmütterlich behandelt. „Seit mehreren Jahren lässt eine Neubesetzung der Geschäftsführung der kreiseigenen Personenverkehrsgesellschaft auf sich warten. Auch fehlt es an einer fachlich fundierten und kontinuierlichen Weiterentwicklung des Linienangebots. Einerseits wurde pauschal mehr Geld gefordert, um ein erneutes millionenschweres Defizit zu kompensieren, andererseits fahren leere Busse. Der öffentliche Personennahverkehr muss sich öffnen für neue Anforderungen und Lösungen“, forderte Enderlein. „Dabei sollte aus unserer Sicht die Geschäftsführung kompetent besetzt und auch auf externe Hilfe zurückgegriffen werden. Es gilt, über einen längeren Zeitraum die Abläufe zu beobachten, um dann die Lage zu bewerten und daraus Vorschläge unterbreiten zu können. Hier geht es uns um Art und Umfang des Fuhrparks, Optimierung des Liniennetzes und die Einführung innovativer Angebote und Modellvorhaben.“ Enderlein berichtete, dass seine Kommune zu den Interessenten und Mitinitiatoren für eine Modellregion für innovative Mobilität gehöre und von einem solchen Vorhaben langfristig auch der Landkreis profitieren könne.
Marion Schneider, die auch als Stellvertretende Vorsitzende den Landesvorstand der Partei Freie Wähler Thüringen repräsentiert, meinte, es sei wichtig, politische Strukturen von der Basis aus zu entwickeln. In der Region Bad Sulza seien die Freien Wähler in verschiedensten Funktionen und Bereichen besonders stark vertreten. Sie mache dabei keinen Unterschied zwischen parteilosen Freien Wählern und Mitgliedern der Partei Freie Wähler, betonte die Politikerin. Es komme vielmehr darauf an, Akteure zusammenzuführen und bei sinnvollen Projekten gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Das gelte auch für den Dialog mit anderen Parteien und Kräften, die sich für die Region stark machten.
Bad Sulzas Bürgermeister Dirk Schütze (SPD), der auch der Einladung zum Stammtisch gefolgt war, erklärte seinen Willen, über Parteigrenzen hinaus Politik zu gestalten. In diesem Zusammenhang bescheinigte das Stadtoberhaupt den Freien Wählern in seiner Stadt eine sehr gute Zusammenarbeit.
Am Ende einer intensiven Diskussion stand für alle Teilnehmer der Veranstaltung fest: Diese Form des Erfahrungs- und Meinungsaustauschs sollte unbedingt fortgeführt werden. Der nächste Stammtisch findet voraussichtlich in Bad Berka statt.
Jörg Schuster
Text zur freien Verwendung und Bearbeitung
Datum der Veröffentlichung: 01.02.2023