Depleted uranium bezeichnet panzerbrechende Munition, deren Projektile abgereichertes Uran enthalten. Wie real und unmittelbar die Gefahr durch den angekündigten Einsatz von derartiger Munition ist, darüber konnte ich als Vorstandvorsitzende des internationalen Kinderhilfswerks Ourchild e. V. Bad Sulza in nachfolgendem Redebeitrag auf der diesjährigen Ostermarsch-Veranstaltung in Weimar berichten.
Einer Meldung des ZDF vom 21. März 2023 zufolge hat die britische Regierung mitgeteilt, dass sie zusätzlich zu den bereits versprochenen Kampfpanzern vom Typ Challenger 2 der Ukraine künftig auch Munition liefern werde. Dazu gehöre auch panzerbrechende Munition aus abgereichertem Uran. Solche Geschosse seien sehr effektiv, um moderne Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zu bezwingen.
Die Gegenseite antwortete prompt: Russlands Präsident Putin äußerte nach einem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef in Moskau, dass sein Land gezwungen sein werde, entsprechend zu reagieren. Und Russlands Verteidigungsminister drohte: „Natürlich hat Russland eine Antwort parat.”
Besorgniserregendes Gefahrenpotential
Der Konflikt eskaliert. Das damit zunehmende Gefahrenpotential ist besorgniserregend. Jede Woche macht die Lage kriegerischer. Viele glauben, dass die Ukraine tatsächlich gegen Russland gewinnen kann, weil sie ja so viele Waffen bekommt. Dass wir mit diesem Pulverfass aber selbst in die Luft fliegen können, ist vielen nicht bewusst – vor allem aber auch nicht die großen Umweltschäden, die derzeit entstehen.
Es ist bereits seit 1993 dokumentiert, dass der Einsatz von abgereichertem Uran im Irak zu Missbildungen bei Kindern und zu deren Tod geführt hat. Der deutsche Arzt und Epidemiologe Prof. Dr. Siegwart brachte ein Urangeschoss von den Schlachtfeldern des Irak nach Berlin mit, um es untersuchen zu lassen, da er herausgefunden hatte, dass Kinder nach dem Spielen mit dieser Munition an Leukämie erkrankt und gestorben waren. Auf seine Initiative hin stellte ein deutsches Gericht fest, dass ein solches Urangeschoss für die Gesundheit von Menschen schädlich sein kann, weil es radioaktiv und als Schwermetall hoch giftig ist.
Die Geschosse aus abgereichertem Uran wurden danach in Serbien, im Kosovo, in Afghanistan und wieder im Iran eingesetzt. Sie haben eine wesentlich höhere Durchschlagkraft als Geschosse aus Stahl oder Blei. Während im ersten Irakkrieg 1991 etwa 320 Tonnen eingesetzt wurden, waren es im Irakkrieg 2003 mindestens 2000 Tonnen.
2007 hat das irakische Umweltministerium bekanntgegeben, dass im Irak durch die Kriege 1991 und 2003 mindestens 18 Regionen durch den Einsatz von Uranmunition so verseucht seien, dass man eigentlich die dort lebende Bevölkerung umsiedeln müsse. Inzwischen spricht man von 30 solcher Regionen.
Das britische Verteidigungsministerium hat im Gefolge des Irakkriegs 2003 zugegeben, dass bei einem Einsatz von nur 40 Tonnen in bewohntem Gebiet mit etwa 500.000 Nachfolgetoten zu rechnen ist. Allein von den etwa 700.000 alliierten US-Soldaten, die im Golfkrieg 1991 Dienst taten, leiden die Hälfte, nämlich 325.000 Soldaten, am sogenannten Golfkriegssyndrom und sind dauerhaft arbeitsunfähig. Viele von ihnen sind an Leukämie, Krebs- und Herzerkrankungen bereits gestorben.
Bis zu 155 Staaten haben bisher die Abstimmungen in den Vereinten Nationen zur Ächtung von Uranmunition und Uranbomben unterstützt, allerdings gegen das Veto der USA, Großbritanniens und Frankreichs, und auch die Europäische Kommission sieht laut Bericht des ZDF vom März diesen Jahres keine Hinweise auf Gesundheitsrisiken. Die Strahlenexposition sei, gemessen an der natürlich vorhandenen Strahlung, sehr gering.
In deutschen Medien versorgt man uns täglich mit Kriegsberichterstattung. Die für Mensch und Umwelt drohende riesige Gefahr durch abgereicherte Uranmunition ist kaum bekannt. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Demonstrationen und Kundgebungen für sofortigen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen sind von enormer Bedeutung.
Marion Schneider