Für ein solidarisches Miteinander
Sehr geehrte Erst-Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Weimarer Erklärung!
Danke für Ihre Initiative der „Weimarer Erklärung für ein solidarisches Miteinander“ für eine Verbesserung des gesamtgesellschaftlichen Dialogs. Dies ist sehr wichtig, da sich in der Zeit der Corona-Maßnahmen zunehmend Fronten gebildet haben, die eher zu- als abnehmen. Um unseren Zusammenhalt, unsere engagierte, motivierte Zivilgesellschaft und unsere Demokratie zu erhalten und weiterzuentwickeln, müssen neue Wege beschritten werden.
Es haben sich viele Menschen darüber empört, dass in der Gedenkstätte Buchenwald die nicht Geimpften ausgeschlossen werden. Sie nun aber alle zu Geschichtsrevisionisten und Demokratiefeinden abzustempeln ist das Gegenteil eines solidarischen Miteinanders. Dann im nächsten Schritt auch die „Spaziergänge“ in den Ruch von Demokratiefeindlichkeit zu bringen, zeugt von mangelnder Beschäftigung mit den Anliegen und Sorgen der Mehrheit der SpaziergängerInnen.
Es ist unverhältnismäßig, die Verfolgung der Menschen im Nationalsozialismus mit der jetzt erfolgenden Ausgrenzung der nicht geimpften Menschen zu vergleichen. Die Erfahrung der gesellschaftlichen Ausgrenzung jedoch ist für die von Ausgrenzung Betroffenen neu und schmerzhaft. Sie wird durch die angekündigte Impfpflicht extrem verschärft. Der Dialog, den Sie mit dem Aufruf anstreben, muss doch dann auch ganz gezielt die Anliegen der Andersdenkenden konstruktiv ansprechen und der Wille da sein, sie in den Dialog einzubeziehen.
Derzeit wird die Kritik an staatlichen Maßnahmen immer noch in Schmuddelecken verbannt. Wer seine Meinung frei äußert, wird sehr oft gegen seinen Willen als rechtsradikal abgestempelt. Viel zu oft besteht derzeit kein Respekt gegenüber anderen Meinungen und Personen. Es fehlen diese so wichtigen Grundvoraussetzungen für das gesellschaftliche Miteinander.
„Wie wir uns und andere schützen“ – darüber besteht eben gerade keine Einigkeit. Diese sollte in einem offenen Diskurs aggressionsfrei erarbeitet werden. Wenn Weimar der Ort sein sollte, von dem aus solch eine Initiative ausgeht, kann dies eine inspirierende Wirkung für unsere Demokratie und ein vertrauensvolles freies menschliche Miteinander haben. Das wird uns allen gut tun.
Schaffen wir folglich Räume für demokratische Debatten und laden wir/laden Sie TeilnehmerInnen der „Spaziergänge“ zum Gespräch und Austausch der Meinungen ein. Fördern wir durch reale Foren den wissenschaftlichen Austausch von Argumenten. Wenn dies funktionieren soll, müssen WissenschaftlerInnen bzw. Experten aller Richtungen geladen werden – auch jene, die die Corona-Maßnahmen kritisieren, gehören bei einem vorbehaltlosen Austausch dazu.
Wenn wir es mit dem solidarischen Miteinander ernst meinen, muss es einen Dialog geben, der alle Bürgerinnen und Bürger unserer Gesellschaft zu Wort kommen lässt.
Ich hoffe, dass Sie meine Gedanken nachvollziehen können und freue mich über einen weiteren Dialog unter Einbeziehung der gesamten Zivilgesellschaft. Gerne möchte ich dieses Anliegen aktiv unterstützen. Heute Abend kann ich voraussichtlich nicht dabei sein – aber dann eben später.
Mit herzlichen Grüßen
Marion Schneider
99518 Bad Sulza